Jugendsinfonieorchester Ravensburg

Schwäbische Zeitung vom 5. Januar 2004 zu den Zigeunerbaron-Aufführungen im Januar 2004

»Der Zigeunerbaron« im Ravensburger Konzerthaus

Große Schar von Akteuren mit Feuereifer bei der Sache

Ravensburg – Trotz Erkältungswetter und Hustenzeit gab es so gut wie keinen unbesetzten Platz im Konzerthaus. »Der Zigeunerbaron«, eine Produktion der Musikschule Ravensburg e. V., lockte Interessierte, Verwandte und Bekannte der 104 Mitwirkenden in die Premiere am Samstagabend.

Von unserer Mitarbeiterin Dorothee L. Schaefer

Das zwölfköpfige Produktionsteam der Musikschule, verstärkt von 12 Bühnentechnikern, arbeitet professionell. Unter der Gesamtleitung von MD Lutz Eistert wirkte der Massenandrang auf der Bühne mit oft 45 Mitwirkenden – neun Solisten mit dem 13köpfigen Chor des Nordhauser Städtebundtheaters, 13 Zigeunerkinder, weiteren neun Statisten und einer Balletteinlage mit zehn Tänzerinnen – dennoch meist gut strukturiert. Wenn schon Märchen, dann richtig: Passend waren das liebevoll ausdekorierte Bühnenbild mit barocken Häuserfassaden oder Burgruine (Peter Kohler) und die farbenfrohen Phantasiekostüme (Suzana Kneip und Helga Schwab). Und einen netten Regieeinfall (Kuno Falk) gab es gleich zu Beginn: Während der Ouverture zeigte sich vor dem strahlend blauen Nachthimmel der Scherenschnitt des sich zärtlich umarmenden Paares Arsena und Ottokar.

Ein »schöner Schmarr’n« würde selbst der Wiener zu dieser komischen Oper von Walzerkönig Johann Strauß aus dem Jahr 1885 heute sagen. Nichts an diesem Libretto ist im Wortsinn »echt« ’ Zeitkolorit und Handlung verweisen es in den Bereich eines sentimentalen Märchens. Greifbar ist daran nur, dass die Geschichte im Kakanienland Österreich-Ungarn spielt. Das Genre bietet jedenfalls Auftritte für viele kleine und große Statisten. Die Zigeuner bringen die exotische Farbe, das Ungarische viel Gefühl und der Adel und die hohe Gesellschaft werden halt a bisserl veräppelt. Schon manche Namensgebung ist durchaus ironisch zu verstehen. So bedeutet der Name des Kommissärs Carnero, von Lothar Riemann mit kabarettistischem Einschlag persiflierend dargestellt, im Spanischen nichts anderes als »Hammel« und der seiner wiedergefundenen Frau Mirabella, von Susanne Wesselsky im ungarischen Operettenjargon zelebriert, nichts als »sieht schön aus«. Die Großmutter von Johann Strauß war Spanierin mit Zigeunerblut, da liegen solche Assoziationen nicht fern.

Um das Stück ein wenig vom Operettenmuff zu befreien, wurde ein bisschen Zeitgeistparfum darin zerstäubt. Da heißt es mal »o. k.« oder es wird über die kleine Rente geklagt, mit der man schon ab 53 Jahren in Pension geschickt werde. Oder der Schweinzüchter Zsupan (Norbert Nagerl) will lieber im schönen Ravensburg bleiben, als für das Vaterland in den Krieg zu ziehen. Klar gibt es dafür Szenenapplaus wie überhaupt nach jeder Arie.

Wenn auch das Libretto inhaltlich nicht viel hergibt, so bringen die Ohrwurm-Melodien der Arien oder Walzerlieder dem Publikum unweigerlich gute Stimmung, manchmal sogar ein bisschen viel schunkelnde Walzerseligkeit auf die Bühne. Oder das »Zigeunerlied«, das Astrid Marie Lazar als Saffi, die große Liebe des Sandor Barinkay (Ulf Gloede), singt: Ihre Auftritte, auch im Duett mit ihrer Ziehmutter, der alten Zigeunerin Czipra (Marina Sandel), gehörten musikalisch zu den stärksten Szenen, wenn auch das Schauspielerische mehr an ein Musical erinnerte. Der Schweinezüchter Zsupan begeisterte als springlebendiger Darsteller, Graf Homonay (Fred Bonitz) und Ottokar (Christopher Gärtner) überzeugten mit lyrischem Tenor und hellem Bariton und Evelyn Schlude sang mit Anmut und Humor die Partie der Arsena.

Die Musik eignet sich in hohem Masse zur Aufführung für ein Jugendorchester. Alle waren auch mit Feuereifer bei der sache. Über dem großen Aufgebot an Sängern und Darstellern auf der Bühne ging zwar so manches Orchesterdetail akustisch unter, zumal sich bei den mitreißenden Rhythmen Blechbläser, Pauken und Schlagzeuge nur schwer zügeln lassen, aber mit präzisen Einsätzen, durchaus sensibler Begleitung der Arien und sauberer Tonführung lieferte das 50köpfige Jugendorchester insgesamt eine tadellose Aufführung.

Weitere Aufführungen am 6. Januar um 17 Uhr sowie am , 9. und 10 Januar um 19 Uhr Uhr.


Copyright © 2004 Schwäbischer Verlag, Leutkirch. Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung. Letzte Änderung: 17. Februar 2004, Lars Trebing.