Jugendsinfonieorchester Ravensburg

Schwäbische Zeitung vom 24. September 2001 zur »Fledermaus«-Premiere

»Fledermaus«-Premiere

Musikalisches Hochfeuerwerk abgebrannt

Ravensburg – Die Aufführung der Operette »Die Fledermaus« von Johann Strauß am vergangenen Samstagabend durch die Musikschule Ravensburg war ein turbulenter musikalischer Spaß auf höchstem Niveau.

Bei der Premiere im Konzerthaus stimmte einfach alles zusammen: das fabelhaft musizierende Jugendsinfonieorchester der Musikschule, die stimmgewaltigen Solistinnen und Solisten, der klangschöne Operettenchor, das bezaubernde Ballett und nicht zuletzt auch die prächtigen Kostüme und das liebevoll gestaltete Bühnenbild. Die Operette ging mit professioneller Sicherheit über die Bühne.

Die Geschichte ist schnell erzählt. Ein braver Ehemann wird als turtelnder Möchtegern-Herzensbrecher vorgeführt, was alle wissen, nur er selbst nicht. Auch das Publikum weiß es, und weil »Dummheit, die man bei anderen sieht, meist erhebend aufs Gemüt wirkt« (frei nach Busch), ist der Unterhaltungswert gesichert. Man freut sich an koketten Damen, gehörntem Ehemann, slibowitzdurchtränkten Gefängniswärtern, Sprachwitzen oder Späßchen und ertappt sich bei seiner kindlichen Freude. Diese Funktion der Operette haben die Ravensburger Produzenten begriffen, weshalb sie die Geschichte auch in Ravensburg spielen lassen und kleine Bosheiten zum Gaudium des Publikums in den Text geschmuggelt haben.

Schon in der Ouvertüre zeigte das Orchester, wie gründlich geprobt wurde. Lutz Eistert schritt bei den Tempi forsch zur Tat, was den musikalischen Funken auch zündete, aber das Orchester unmittelbar unter Vollast setzte. Erstaunlich, was die auch in Schule und Ausbildung geforderten jungen Musiker zu leisten vermögen. Das nötigt Respekt ab.

Vor allem im zweiten Akt wird durch eine großartige Kulisse die lllusion eines prächtigen Ballsaals erzeugt. Mit Hilfe der aufwendigen Kostüme, der sorgfältigen Maske und der perfekten Lichtregie taucht man in eine Welt ein, die sich sorgenfrei in Champagnerglückseligkeit zelebriert. Für diesen schönen Bühnenzauber haben sich Suzana Kneip, Helga Schwab, Martina Zeller, Roswitha Beller, Peter Kohler, Toni Pfuhl und Claus Rathgeb mächtig ins Zeug gelegt.

Ein Fest für das Auge war auch das Ballett, das in einer Choreographie von Berna Uythof der rauschenden Musik feurige Bewegung verschaffte. Der klangschöne und voluminöse Operettenchor, zusammengesetzt aus Mitgliedern des Jugendkammerchors der Musikschule, des Singkreises Ravensburg und der Chorgemeinschaft Grünkraut agierte als vornehme Ballgesellschaft auf der Bühne ebenso sicher wie bei ihrem musikalischen Part, den Ulrich Niedermaier perfekt einstudierte.

Lutz Eistert hatte bei der Besetzung der Rollen eine glückliche Hand. Das Zusammenwirken der einheimischen Kräfte mit den auswärtigen Künstlern gelang scheinbar mühelos, was sicher auch als Verdienst von Evelyne Kamp und Ildiko Tischler-Kun angesehen werden kann. Astrid Marie Lazar als brave Ehefrau Rosalinde und Martina Sandel als extravaganter Prinz Orlofsky sangen und spielten hinreißend. Aber auch Elisabeth Christine Daiker als zickige Adele verfügt über eine ausdrucksstarke Stimme und schauspielerisches Talent, eskortiert von Tanja Kibele als kecke Schwester Ida. Der Eisenstein wurde von Ulf Gloede überzeugend dargestellt, und der strahlende Tenor von Martin Hostettler machte vermutlich nicht nur Rosalinde schwach. Raphael Schwarzer verkörpert den nichts-würdigen Gefängnisdirektor Frank urkomisch. Steffen Balbach, mit wunderbar geführter Stimme, gelingt schließlich als Dr. Falke die Rache.

Ein Meister des Fachs war Lothar Riehmann in der Doppelrolle als Dr. Blind und Frosch. Wenn Frosch im Kasten die Ausgangstür sucht und meint, er wäre eingemauert oder feststellt, es sei einem Beamten nicht erlaubt, so geringe Bestechungsgelder anzunehmen, hat er die Lacher auf seiner Seite. Und der Kommentar von Frosch, als Frank mit Zigarre auf dem Stuhl fast abgekippt und mit der »Schwäbischen Zeitung« zu einem Schläfchen zugedeckt war, der »Direktor ächzt unter dem Druck der hiesigen Presse«, war wohl ein wahrer Satz, und so darf man auch der Regie ein großes Kompliment machen. Kuno Falk hat zusammen mit Nicolet Eistert und Günter Kamp die »Fledermaus« mit Lokalkolorit hübsch eingefärbt.

Kurz: die Aufführung zum dreißigjährigen Bestehen der Musikschule als Verein war ein professioneller musikalischer Spaß. Ermöglicht auch durch Karin Ellinger, die sich um die Betreuung kümmerte. Riesiger Beifall im ausverkauften Haus. Weitere Aufführungen gibt es am 28., 29. und 30. September und am 1. und 2. Oktober um 19.00 Uhr im Ravensburger Konzerthaus.


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